Im Stadtzentrum von Gütersloh ist ein neuer Wohn- und Geschäftskomplex entstanden, der sich behutsam ins denkmalgeschützte Umfeld einfügt. Trotz der anspruchsvollen Ausgangssituation, eine Brandruine aus dem Sommer 2020 harmonisch zu schließen, kam es aufgrund enger und guter Zusammenarbeit schnell zur Einigung zwischen Stadt, Gestaltungsbeirat, Politik und Bauherrn. Nach aufwendigen Abrissarbeiten und umfassender Bausicherung der weitgehend denkmalgeschützten innerstädtischen Umgebung – das Areal in der Kökerstraße wird umrahmt von Martin-Luther-Kirche, Stadtmuseum im Fachwerkbau, dem denkmalgeschützten ehemaligen Fasan und einem historischen Wegesystem –, konnte schon im April 2022 mit dem Bau begonnen werden.
Traditionelle Formen modern interpretiert
Entstanden ist in enger Abstimmung mit Stadt und Gestaltungsbeirat und vollständig im Zeit- und Kostenrahmen ein Komplex aus zwei viergeschossigen Neubauten, die einen kleinen Innenhof umschließen. In Reverenz an die lokale Bautradition – und im Gegensatz zum Vorgängerbau aus den 1960er-Jahren – sind sie mit rotem, gegliedertem Backstein verklinkert. Zudem wird die Fassade von Sichtbeton-Bändern horizontal gegliedert, das oberste Geschoss ist durch eine Traufkante gebrochen.
Das Gebäude zur Kökerstraße ist durch einen Einschnitt gegliedert, so dass eine kleinteilige Wirkung entsteht, die sich angemessen in die Umgebung einfügt: Die Sockelzone mit Raum für Gewerbe spannt den Baukörper zusammen, die oberen Stockwerke erscheinen eigenständig. Gemeinsam mit dem zweiten Gebäude im rückwärtigen Bereich des Grundstücks sind hier 28 Wohnungen mit Grundrissen zwischen 63 und 115 Quadratmeter entstanden, die im Besitz des Bauherrn verbleiben und vermietet werden. Sie alle entsprechen den Nachhaltigkeitsstandards (KfW 55). Die Mansarddächer wurden mit einem Aluminium-Stehfalzband verkleidet, auf den Dächern selbst befinden sich PV-Anlagen sowie Grünflächen, die Regenwasser zurückhalten.
Das Grundstück wurde weitgehend verkehrsfrei angelegt, nur eine Hand voll Stellplätze befinden sich im Innenhof. Die Hauptparkfläche mit 32 Stellplätzen – vier davon auch für E-Mobilität – ist unterirdisch und, um keine wertvolle Innenstadtfläche zu verschwenden, durch einen Aufzug zu erreichen. Darüber hinaus wurden auch umfangreiche Stellflächen für Fahrräder angelegt.
Ein besonderes Extra
Ein besonderes Augenmerk wurde auf das Trommelpättken gelegt, das eigentlich nicht zum Grundstück gehört: Der schmale Pfad – westfälisch: Pättken – führt an zwei Seiten um das Baufeld. Zwar (noch) nicht denkmalgeschützt, ist der Fußweg historisch bedeutsam für die Geschichte der Stadt. Die Mauer, die das Pättken auf Grundstücksseite umsäumt, galt es zu erhalten: Alter Waschbeton wurde entfernt, erneuert und mit roten Klinkersteinen im klassischen Verbund, sprich: Kreuzfugenmuster, versehen. Risse im Mauergefüge wurden gestopft, Unebenheiten belassen. Die untergliederte Pfeilerstruktur blieb erhalten.
Tag der Architektur 2024, Nordrhein-Westfalen